Was ist Hämophilie?1, 4
Hämophilie ist eine genetisch bedingte Blutungsstörung, die auch als Bluterkrankheit bezeichnet wird. Das Wort „Hämophilie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Blutungsneigung". Das Krankheitsbild zeichnet sich dadurch aus, dass die Blutgerinnung gestört ist.
Je nachdem, welcher der Gerinnungsfaktoren (Faktor VIII oder IX sind Eiweiße, die in einer bestimmten Reihenfolge den Wundverschluss aktivieren) von der Störung betroffen ist, unterscheidet man unterschiedliche Formen der Blutgerinnungserkrankung:
- Hämophilie A:
Bei Hämophilie A ist die Aktivität des Gerinnungsfaktors VIII stark verringert oder gänzlich fehlend. In Österreich sind mehr als 600 Menschen von Hämophilie A betroffen. - Hämophilie B:
Bei Hämophilie B wird der Gerinnungsfaktor IX nur sehr eingeschränkt oder gar nicht gebildet. Diese Blutgerinnungsstörung tritt seltener auf als Hämophilie A. In Österreich sind etwa 130 Patient:innen davon betroffen.
Von Hämophilie A sind weitaus mehr Menschen betroffen als von Hämophilie B. Bei beiden Formen der Blutgerinnungsstörung tritt die Erkrankung vor allem bei Männern auf.5
Geschichte der Hämophilie2
Erste Aufzeichnungen über Hämophilie stammen bereits aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus. Wegen der früheren Verbreitung von Hämophilie in europäischen Königshäusern war sie zudem auch als "Erkrankung der Könige" bekannt. Die britische Königin Viktoria vererbte Hämophilie an ihren Sohn und zwei ihrer Töchter. Ihr Sohn, Prinz Leopold, starb aufgrund der Erkrankung mit 31 Jahren an einer Kopfverletzung. Die Töchter gaben die Blutgerinnungsstörung ebenfalls an ihre Kinder weiter, sodass die Krankheit auch in anderen Königshäusern Einzug hielt. Einer ihrer Urenkel, der gleichzeitig der Sohn des Zaren Nikolaus II. von Russland war, erkrankte ebenfalls an Hämophilie. Deshalb wurde er sein Leben lang von einem Leibwächter vor Verletzungen geschützt.
Blutgerinnung – so funktioniert sie1, 2
Wenn wir uns verletzen, beginnt normalerweise sofort der Gerinnungsprozess in unserem Blut. Dabei beginnt der Körper mit der Blutstillung: Das zur Verletzung hinführende Blutgefäß verengt sich, damit weniger Blut zur Wunde fließt. Gleichzeitig heften sich sogenannte Blutplättchen an die Wunde, verkleben untereinander und bilden so einen Wundverschluss.
Dieser erste Wundverschluss ist noch lose und muss durch Fibrinfäden (bilden beim Wundverschluss eine Art dreidimensionales Netzwerk) verstärkt werden. Damit diese Verstärkung aktiviert wird, muss zuerst die sogenannte Gerinnungskaskade aktiviert werden. Hierbei aktivieren sich diese Gerinnungsfaktoren gegenseitig. Allerdings funktioniert dies nur in einer bestimmten Reihenfolge: Der nächste Faktor kann immer nur von seinem Vorgänger aktiviert werden. Fällt einer der Faktoren aus oder ist weniger vorhanden, wie zum Beispiel der Faktor VIII bei Hämophilie A, wird der nächste nicht aktiviert. Damit endet die Gerinnungskaskade an diesem Punkt – die Wunde wird nicht durch Fibrin verschlossen, die Blutung stoppt nicht.
Die Gerinnungskaskade
Patient:innenorganisationen
Egal, ob man schon lange mit einer Blutgerinnungsstörung lebt, einen Angehörigen oder ein Kind mit Hämophilie hat – sich mit anderen zu vernetzen und auszutauschen tut gut und bestärkt Betroffene. Patient:innenorganisationen und Selbsthilfegruppen bieten die Möglichkeit, einfach mit anderen Hämophilen Kontakte zu knüpfen oder sich über Hämophilie zu informieren. Die Österreichische Hämophilie Gesellschaft (ÖHG) ist eine Patient:innenorganisation für Menschen mit Blutgerinnungsstörungen. Sie setzt sich für Betroffene und Angehörige ein.
Was bedeutet es, Bluter zu sein?
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